Er wusste: Ich kann die Augen schließen – Ilse ist da!
Wie aus der Unsicherheit im Rahmen einer ersten Begleitung eine unvergessliche Erfahrung und eine einzigartige Freundschaft wurden.
„Es war ein spannender, fast magischer und unvergesslicher Moment, als ich meine Hand ganz behutsam unter die seine geschoben hatte. Ich habe lange gebraucht, aber eines Tages wusste ich: heute passt es! Wir haben geschwiegen, wie ich mit Herrn Herbert ganz oft während meiner Begleitstunden geschwiegen habe“, erzählt Ilse von ihrer ersten Hospizbegleitung. Und die hätte zu ihrer Begeisterung einfach nicht besser verlaufen können: „Es war alles so, wie ich mir eine Hospizbegleitung immer vorgestellt und auch gewünscht hatte: Es war ein sehr stilles, friedvolles und harmonisches Dasein.“ Herr Herbert hatte seine Situation gut angenommen, er hat nicht gekämpft oder gehadert – er war ruhig und geduldig. Er war bereit. „Und er hat das tiefe Vertrauen, das zwischen uns beiden geherrscht hat, sehr genossen. Er wusste: Ich muss nichts. Ich kann getrost die Augen schließen – Ilse ist da.“ Was er aber sehr wohl immer wieder gesagt hat: „Das Leben ist hart, aber nicht hoffnungslos!“
Ilse (r.) hat Friedas Mann begleitet, jetzt sind die beiden Freundinnen.
„Aber genauso gerne wie Herbert mit mir geschwiegen hat“, erzählt Ilse, „hat seine Frau Frieda mit mir geplaudert. In den vielen Stunden, die ich bei diesem Ehepaar verbrachte, das fast 60 Jahre verheiratet war und bis zur letzten Sekunde liebevollst miteinander umgegangen ist, habe ich mich nämlich viel öfter und intensiver mit der Angehörigen als mit dem zu Begleitenden unterhalten. Trotz tiefster Vertrautheit war ich mit Herbert immer per Sie. Mit Frieda aber sofort per Du.“ Das hat auch schnell zu einer sehr innigen Verbindung zwischen den beiden Frauen geführt. Diese war letztlich so eng, dass Ilse nach Herberts Tod das Gefühl hatte: „Ich kann da jetzt nicht einfach so weggehen.“ An die Hospizbegleitung wurde deshalb eine Trauerbegleitung angeschlossen.
Frieda hat das liebend gerne angenommen. Und weil sie mit ihren 78 Jahren immer noch eine durch und durch agile und aktive Frau ist, die drei bis vier Stunden am Tag Fußmärsche in flottem Tempo herunterspult, haben die beiden Damen sich eines Tages zu einer Bergtour aufgemacht.
Auf diese eine sind inzwischen viele weitere gefolgt. „Es ist einfach großartig mit Frieda. Sie ist eine so wunderbare Frau, und es macht unglaublich viel Freude und Spaß, mit ihr unterwegs zu sein“, schwärmt Ilse von ihrer neuen Freundin. Frieda hat mittlerweile auch in einen von Ilses Yogakursen hineingeschnuppert und dort im wahrsten Sinne des Wortes Feuer für diesen „Sport“ gefangen. „Trotz ihres Alters hat sie sich ganz problemlos auf die Übungen eingelassen und kommt jetzt jede Woche zu mir“, freut sich die Ehrenamtliche über diese unerwartete und wunderschöne Entwicklung ihrer Freundschaft. Und schwärmt: „Ganz besonders angetan war ich, als Frieda mir erzählte, welche Wirkung Yoga auf sie hat. Dass sie plötzlich eine innere Ruhe merkt. ,Ich habe jetzt einen anderen inneren Zustand` hat sie mir eines Tages gesagt. Dass diese Frau das so wahrgenommen und wiedergegeben hat, hat mich sehr berührt.“
Und so ist aus der allerersten Begleitung eine unbeschreibliche Begeisterung für die Hospizidee und die Hospizbegleitung entstanden, die Ilse wann immer es sich anbietet weitergibt – und eine Freundschaft, die wohl noch viele Gipfelstürme erleben wird. „Ausser wenn Frau Frieda wieder einmal mit dem Rad auf den Schöckl sprintet, da bin ich dann nicht dabei“, schmunzelt Ilse über ihre sportliche neue Freundin.