„Es gibt Menschen, die für mich da sind wenn ich sie brauche.“
Im Jahr 2014 hat sie sich entschlossen, am Hospizgrundseminar teilzunehmen. Auslöser dafür war eine Informationsveranstaltung des Hospizvereins in den Räumlichkeiten der Wiener Städtischen Versicherung in Graz anlässlich der Partnerschaft mit dem Wiener Städtischen Versicherungsverein. Dieser Abend hat sie zum Nachdenken angeregt. Helga Adam erzählt von einer Reihe persönlicher Erfahrungen in der Familie. Eine Tante, die ihr sehr nahe stand, verstarb als sie selbst acht Jahre alt war. Sie kann sich noch gut an das Begräbnis und die Angst erinnern, als sich die Tür der Feuerhalle schloss. Viele Fragen, die sie damals als junges Mädchen hatte, blieben unbeantwortet. Auch ihr Bruder verstarb sehr früh an einer Krebserkrankung. Geprägt hat sie auch ihr Mann, der trotz einer schweren Nierenerkrankung ein ganz besonders lebenslustiger Mensch ist, was sie sehr an ihm bewundert.
Diese persönlichen Erlebnisse, aber auch ihr Chef, Wiener Städtische Landesdirektor Steiermark Dr. Gerald Krainer, waren ausschlaggebend für die Anmeldung. Helga Adam erzählt, dass sie besonders am Anfang der Ausbildung durchaus mit einer Reihe neuer und herausfordernder Erfahrungen konfrontiert war. Beispielsweise das Sitzen im Sesselkreis, offen über sehr Privates und Persönliches zu sprechen, die Rollenspiele, das Singen am Morgen oder das
Malen. Auch das Zuhören muss gelernt sein. „Die Referentinnen haben uns auf eine gute Art sehr gefordert“ erzählt sie lachend. Besonders beeindruckend fand sie die Schicksale der anderen TeilnehmerInnen in der bunt gemischten Ausbildungsgruppe, aber auch den Besuch im stationären Hospiz, wo Stationsärztin Dr. Petra Wagner und Stationsleiterin DGKS Sera Isak von ihren Erfahrungen aus der Praxis berichteten.
Das Praktikum
Frau Adam erzählt, wie sie bei ihrem ersten Besuch im Krankenhaus der Elisabethinen bei
einer Dame mit einer Lungenerkrankung zögernd an die Türe klopfte. Viele Fragen gingen ihr durch den Kopf – „Was tue ich, wenn die Patientin gar nicht mit mir reden möchte, was soll ich sagen, wenn ich ins Zimmer komme?“ Damit, dass sie mit einem fröhlichen „Kommen Sie doch herein, wir gehen auf den Balkon und trinken dort einen Kaffee miteinander“ empfangen wird, hatte sie nicht gerechnet. Ganz anders wiederum gestaltete sich ihre nächste Begleitung, wo sie nur schweigend am Bett der Patientin saß. Und die Begegnung mit einem ganz jungen Mann im Tageshospiz, dessen Krankheit bereits sehr weit fortgeschritten war, empfand sie wie eine Berührung mit einer ganz anderen Welt. Dass es nicht immer so leicht ist, sich abzugrenzen, spürte sie bei einer anderen Frau, die ihr gleich sehr sympathisch war. Sehr berührend war es auch für sie zu erleben, wie zutiefst dankbar die Familie damals für ihr „Dasein“ war. Zu spüren „Meine Zeit ist für jemanden sehr wertvoll“ hat ihr gut getan.
Was nützt einem die Hospizausbildung?
Man lernt sich selbst besser kennen, erzählt Helga Adam. „Früher konnte ich nie vor Menschen sprechen, das war eine große Herausforderung, auch weil die Inhalte so persönlich waren. Ich bin stolz, dass ich mich dem gestellt habe. Man lernt, dass man als Mensch so akzeptiert wird, wie man ist und dass auch die eigenen Anliegen für die Anderen von Bedeutung sind. Man wächst über sich hinaus“. Und man lernt, sich auch einmal fallen zu lassen.
„Man profitiert sehr, gerade auch wenn man aus ganz anderen Bereichen kommt. Der eigene
Horizont weitet sich, man bekommt andere Sichtweisen und das ist gut so. Vieles vom Kurs kommt einem auch im Alltag zugute. Beispielsweise das Fachwissen über Familienhospizkarenz, Patientenverfügung und die vielen Hospiz- und Palliativeinrichtungen, die man im Bedarfsfall nutzen kann. Darüber Bescheid zu wissen ist sehr beruhigend – und man kann damit auch andere unterstützen. Ja, ich bin jetzt gestärkt, gewappnet auch für schwierige Situationen im Leben. Ich muss aber auch nicht alles alleine tragen, es gibt Menschen, die für mich da sind, wenn ich sie brauche“.
Helga Adam
Seit dem Jahr 1977 ist Frau Helga Adam bei der Wiener Städtischen Versicherung in Graz
tätig. Sie begann im Fachbereich „Leben“ und wechselte dann zur Verkaufsunterstützung, wo sie jetzt für alle Sparten zuständig
ist. Die vielfältigen Tätigkeiten machen ihr große Freude, vor allem auch die Kontakte mit jungen Menschen und die
Zusammenarbeit im Team. Frau Adam ist verheiratet, hat eine Stieftochter, einen Sohn und ein Ziehkind, mehrere
Enkelkinder, einen Hund und zwei Katzen wie sie erzählt.