Wichtig ist es, auch das Schweigen auszuhalten
Die Liebe zu den Menschen und das Bedürfnis, für andere da zu sein, hat sie zusammengeführt. Gertrude Gruber, Teamleiterin des ehrenamtlichen Hospizteams Anger und ihre Stellvertreterin Gerti Diringer, im Gespräch über die Wichtigkeit des Zuhörens, Abgrenzungsrituale und die unnötige Angst vor dem Sterben.
V. l. n. r.: Gerti Diringer und Gertrude Gruber (Foto: Gaby Valentinitsch)
DASEIN: Was motiviert Sie für Ihre Tätigkeit?
Gruber: Ich habe immer schon gerne mit älteren Leuten zu tun gehabt und man bekommt so viel zurück.
Diringer: Vor allem wenn man längere Zeit begleitet lernt man die Bedürfnisse und Reaktionen alter Menschen besser verstehen. Manchmal vertrauen sie einem Dinge an, die sie mit den Angehörigen nicht besprechen wollen oder können, weil es da Barrieren gibt. Und oft kann man ihnen einfach wieder ein Stück Lebensfreude geben.
DASEIN: Was ist in den Begleitungen besonders wichtig und wie schaffen Sie es, sich abzugrenzen?
Diringer: Sehr wichtig ist es, Zeit zu haben, wirklich da zu sein, das spüren die Menschen. Zuhören ist wichtiger als reden! Aber man muss auch lernen, nein zu sagen. Wenn man einmal keine Zeit hat, ist es besser, einen Besuch abzusagen und deswegen kein schlechtes Gewissen zu haben. Das war am Anfang schwierig für mich.
Gruber: Bei der ersten Begegnung beobachte ich zuerst und versuche, auch das ganze Umfeld zu erfassen. Ich achte auch darauf, dass es mir selbst gut geht, wenn ich in eine Betreuung gehe. Das ist wie mit einem Rucksack, den man stehen lassen muss. Wenn ich jemanden besuche, lasse ich meinen privaten Rucksack zu Hause. Und wenn ich wieder heimgehe, bleibt der Betreuungsrucksack dort.
DASEIN: Wie können Sie Angehörige unterstützen?
Gruber: Indem man ihnen einfach Hilfe anbietet und schaut, dass sie diese auch annehmen können.
Diringer: Ich schaue immer zuerst, wie es den Kindern geht. Auf die vergisst man oft und lässt sie mit ihren Fragen allein. Es hat wenig Sinn zu sagen: Wenn du größer bist, werden wir dir alles erklären. Besser ist es, sie mit einzubeziehen, das nimmt ihnen auch ihre Ängste.
DASEIN: Äußern Menschen in ihren letzten Stunden besondere Wünsche oder Bedürfnisse?
Gruber: Nicht immer. Manchmal sagen sie nichts mehr, und dann muss man einfach das Schweigen aushalten. Ich hatte aber auch eine Frau, die mir immer wieder gesagt hat: „Ich hab schon alles erledigt und jetzt warte ich nur.“ Sie war einfach bereit, zu gehen.
Diringer: Meist sind es nur Kleinigkeiten, aber wenn alles geregelt ist, sind sie gelassener. Und für Gläubige ist es leichter. Dabei ist es egal, an was sie glauben, das hat nichts mit der Religion zu tun.
DASEIN: Eine Betreuung geht oft über längere Zeit. Da entsteht ja auch eine Bindung. Wie schwer fällt es Ihnen persönlich, loszulassen, wenn es zu Ende geht?
Diringer: Damit kann ich gut umgehen. Ich kann mich sehr gut abgrenzen und habe meine eigenen Rituale, um loszulassen. Das ist etwas ganz anderes als bei Angehörigen. Man hat keine Macht, etwas dagegen zu tun, man ist immer hilflos. Aber bei Angehörigen spürt man diese Hilflosigkeit viel stärker.
DASEIN: Hat sich durch die Hospizarbeit Ihre Einstellung zum Tod verändert?
Diringer: Früher habe ich große Ängste gehabt. Auch, weil man nicht weiß, wie das sein wird. Aber wenn man den Glauben findet, egal woran man glaubt, sieht man das mit ganz anderen Augen.
Gruber: Ja, ich habe einen anderen Blickwinkel bekommen. Und oft sagen die Leute, sie haben so viel Angst vor dem Sterben. Davor braucht man keine Angst zu haben. Das Leben davor, das ist das Schwierige!
Gertrude Gruber
Geboren am 12. 5. 1950 in Mariazell, mit zehn Jahren Umzug nach Anger. Ausgebildete Heimhilfe. Seit Ende 2014 leitet sie das ehrenamtliche Team Anger mit sieben Mitgliedern.
Ein guter Tag beginnt mit: Ausgeruht sein
Lachen kann ich über: Sehr viel. Humor ist wichtig.
Glück ist für mich: Wenn es der Familie gut geht
Sternzeichen: Stier
Hobbys: Mein Garten und unsere Bienenstöcke, wir haben über 20.
Gerti Diringer
Geboren am 9. 7. 1962, aufgewachsen in Klettendorf. Hauptberuflich ist sie Fachsozialbetreuerin für Altenarbeit.
Ein guter Tag beginnt mit: Sonnenschein und gutem Frühstück
Lachen kann ich über: Alles
Glück ist für mich: Gesundheit. Und Verständnis finden
Sternzeichen: Krebs
Hobbys: Basteln und die Natur
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