Es ist mir eine Ehre, für den Hospizverein da sein zu dürfen
Brigitte Hermann ist seit Juni 2024 Obmann-Stellvertreterin des Hospizvereins Steiermark. Die Allgemeinmedizinerin sowie Fachärztin für Innere Medizin und Pionierin in der Palliativmedizin ist dem Hospizverein aber schon seit vielen Jahren verbunden. Seit ihrer Pensionierung vor drei Jahren unterstützt Hermann auch in der Beratung zur Patientenverfügung.
Brigitte Hermann
Was war Ihre Motivation dafür, den Weg in die Palliativmedizin einzuschlagen?
Das ist eigentlich zufällig passiert. Ich bin von Johann Baumgartner, dem damaligen Palliativkoordinator des Landes Steiermark gefragt worden, ob ich nicht in den Palliativbereich gehen möchte. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt ehrlich gesagt nicht viel mit diesem Thema zu tun, aber es hat mich interessiert und bin auch gleich an der Abteilung von Professor Karl Harnoncourt am LKH Graz angestellt worden.
Was hat Sie an der Palliativmedizin fasziniert?
Es ist eine absolut sinnstiftende Arbeit, wenn man den letzten Lebensweg eines Menschen möglichst schmerzarm gestalten kann. Und man erfährt sehr viel Dankbarkeit – von Patient*innen und Angehörigen.
Sie gelten heute als Pionierin der Palliativmedizin in der Steiermark. Welche Situation haben Sie in Ihren Anfangszeiten vorgefunden?
Es war Ende der 90er Jahre nicht wirklich viel da. Es gab am LKH eine kleine Palliativstation, die von Prof. Harnoncourt sehr engagiert betrieben wurde. Als er in Pension ging, war die Sorge groß, wie sich das entwickeln wird. Zum Glück hat sich der Onkologe Hellmut Samonigg um diesen Bereich angenommen. Es gab dann eine stetige Weiterentwicklung dieser „Universitären Palliativmedizinischen Einrichtung“ mit einer 14-Betten-Station sowie einem mobilen Palliativteam.
Was waren damals die größten Herausforderungen?
Allem voran war es problematisch, dass nur wenige Menschen etwas mit dem Begriff Palliativmedizin anfangen konnten. Da war der Hospizverein mit seiner intensiven Öffentlichkeitsarbeit sehr hilfreich dabei, die Hospizidee zu verbreiten und landesweit kleine Stationen aufzubauen.
Und worin liegen heute die Hürden?
Angesichts der demografischen Entwicklung wird es in Zukunft mehr Palliative Care und Hospizbegleitung benötigen. Da fehlen, trotz vieler Verbesserungen, nach wie vor entsprechende mobile und stationäre Strukturen. Diese zu schaffen ist jedoch mit hohem finanziellem Aufwand verbunden, denn gerade eine Palliativstation ist sehr personalintensiv.
Was waren die großen Meilensteine in der Palliativmedizin?
Da hat sich sehr viel getan. Es gibt mittlerweile landesweit Palliativstationen und stationäre Hospize sowie eine flächendeckende mobile Versorgung. Ein Meilenstein war sicher die Gründung des ersten mobilen Palliativteams im Jahr 2002 – ebenso wie die Regelfinanzierung für die stationären Hospize, die 2022 eingeführt wurde. Bis dahin hat man ja ausschließlich von Spenden gelebt. Aber auch in der Forschung ist viel weitergegangen. Heute ist die Palliativmedizin ein selbstverständlicher Teil der Medizin – früher waren wir „Exoten“.
Wie hat sich das Bewusstsein in der Bevölkerung für Palliativmedizin entwickelt?
Auch da hat sich viel verbessert – aber es ist auch noch sehr viel zu tun. Direkt oder indirekt Betroffene wissen durchaus Bescheid, aber von der breiten Bevölkerung werden die Themen Lebensende, Sterben und Tod weitgehend ausgeblendet. Da ist Aufklärung ganz wichtig.
Wie spielen Palliativmedizin und Hospizbegleitung zusammen?
Beide Bereiche fallen unter Hospizarbeit. Bei Palliativ Care steht der medizinisch-pflegerische Aspekt im Vordergrund, in der Hospizbegleitung wird das Psychosoziale abgedeckt. Das muss im Sinne einer optimalen Versorgung jedoch Hand in Hand gehen.
Was braucht es, um die Palliativ- und Hospizversorgung qualitativ und quantitativ aufrechterhalten beziehungsweise weiter ausbauen zu können?
Es braucht Personal, Fort- und Weiterbildung, aber auch entsprechende Bewusstseinsbildung. Da wird die Ressourcenknappheit im Gesundheitswesen jedoch zu einem zunehmenden Problem – Stichwort Pflegemangel. Dabei ist der Palliativbereich für Pflegende ein überaus interessantes Betätigungsfeld. Da nimmt man als Pflegekraft eine besonders wichtige Rolle im interdisziplinären Team ein, die Hierarchien sind flacher und es steht deutlich mehr Zeit pro Patient*in zur Verfügung.
Sie unterstützen den Hospizverein auch in der Beratung zur Patientenverfügung. Wie steht es da um den Wissensstand in der Bevölkerung?
Ich bin erstaunt, wie sehr sich das verbessert hat – und auch über das Interesse der Bevölkerung an diesem Thema. Das stimmt mich zuversichtlich.
Was bedeutet die Funktion Obmann-Stellvertreterin des Hospizvereins Steiermark für Sie?
Zunächst einmal eine große Ehre. Ich habe niemals damit gerechnet, dass mir diese Funktion angeboten wird. Ich hoffe, dass ich meine Expertise entsprechend einbringen kann, denn die Arbeit des Hospizvereins bildet eine wichtige Basis, auf der alle anderen Strukturen gut aufbauen können.
Sie sind seit drei Jahren im Ruhestand – wie leicht ist Ihnen dieser Schritt gefallen?
Ich konnte mir den Ruhestand eigentlich gar nicht vorstellen. Aber Corona hat mir die Lust an der Arbeit ziemlich genommen, weil ich fast nur mehr mit Administration beschäftigt war. Da bin ich dann doch ganz gern in Pension gegangen. Aber ich bin froh darüber, dass ich für die Geriatrischen Gesundheitszentren noch in der Beratung für die Pflegeheime und jetzt eben auch für den Hospizverein tätig sein darf.
Was genießen Sie an der Pension besonders?
Dass ich viel Zeit für meinen Garten, die Natur, das Wandern und Handarbeiten habe. Ich stricke und nähe sehr gerne – vor allem für meine vier Enkerln.
Wie begegnen Sie persönlich den Themen Lebensende und Tod?
Durch meinen Beruf habe ich da durchaus einen entspannten Zugang. Ich habe in meiner Arbeit auf der Abteilung für medizinische und palliative Geriatrie in der Albert Schweizer Klinik viele Menschen sterben sehen – und darunter auch viele, die sich einen baldigen Tod gewünscht haben, um von ihrem Leiden erlöst zu werden.
Wie würden Sie sich Ihr Ende wünschen?
Palliativ begleitet, mit entsprechender Schmerztherapie und Symptomkontrolle. Und ich wünsche mir, dass mein Wille respektiert wird.
(Johanna Vucak)
Brigitte Hermann im Wordrap
Meine Lieblingsspeise ist….Spinat mit Spiegelei
Niemals essen würde ich…..Schnecken
Angst habe ich…. vor Vielem
Herzhaft lachen kann ich…..über meine Enkelkinder
Auf eine einsame Insel nehme ich…… viele Bücher mit
Mein letzter Urlaub war…..in Griechenland
Meine letzten Worte sollen sein…..zu Tode gefürchtet ist auch gestorben