Es braucht das Menschliche
Karin Wiesegger-Eck, Bezirkshauptfrau von Leibnitz, ist seit Jahresbeginn Hospizpatin für das Team Leibnitz. Sie selbst war sehr früh mit dem Tod konfrontiert und steht dem Thema Lebensende heute sehr respektvoll, aber auch nüchtern gegenüber.

Ihr erstes Resümee über Ihre Zeit als Hospizpatin?
Das Beeindruckendste an dieser Funktion ist bisher bestimmt, dass ich so unglaublich viele engagierte Menschen aus dem Hospizbereich kennengelernt habe. Man spürt sofort das Herzblut, das hinter diesem Ehrenamt steckt – aber auch das Engagement und die Motivation, etwas bewirken und weiterbringen zu wollen. Und das alles in einer so herrlichen und herzlichen Atmosphäre – das ist wirklich besonders und beeindruckt mich sehr.
Was hat Sie eigentlich dazu bewogen, diese Patenschaft zu übernehmen?
Seit die Kinder draußen sind, wie man sagt, habe ich immer schon mit dem Gedanken gespielt, mich irgendwie zu engagieren, etwas Soziales zu machen, irgendwo zu unterstützen, wo es wirklich Sinn macht. Ich habe da immer wieder nach geeigneten Projekten Ausschau gehalten. Dann hat mich Manfred Walch, mein Vorgänger in der Bezirkshauptmannschaft, der auch Hospizpate ist, einmal auf den Hospizverein aufmerksam gemacht; mir von der Arbeit dort erzählt – wie auch Ingrid Gady, die ja auch Hospizpatin war. Und da habe ich dann gewusst: Das ist es jetzt, das mache ich!
Was bedeutet es für Sie, Hospizpatin zu sein?
Eine Ehre! Und es passt mir jetzt, mit meinem Lebensalter, auch gut. Da hat man einen anderen Blick auf das Thema; unter anderem natürlich auch, weil es eben vermehrt Verluste im Familien-, Verwandten-, Bekanntenkreis gibt. Es ist mir auch ein Anliegen, dieses Angebot, dieses Begleiten, in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Ich halte dieses Zuhören, Dasein, Hand halten für unglaublich bereichernd, wertvoll und wichtig.
Warum?
Weil es ebenso speziell ist. Es ist nichts Berufliches; es entspringt dem besonderen Anliegen, der Menschlichkeit, der Nächstenliebe – das macht Hospizarbeit so einzigartig und wertvoll. Das kann die öffentliche Hand nicht leisten – sehr wohl kann sie aber zu entsprechenden Rahmenbedingungen beitragen. Denn natürlich braucht es Strukturen, braucht es den Verein. Das Hospizangebot lebt aber vor allem von den Menschen, die sich engagieren. Gerade in einer Zeit, wo es kaum noch Großfamilien gibt und die Zeiten vorbei sind, wo im Dorf die Nachbarin ganz selbstverständlich eine Suppe vorbeigebracht hat. Es braucht das Menschliche.
Wann, wo, in welcher Form bekommen Menschen die Hospizpatin Wiesegger-Eck konkret zu spüren?
Allen voran verbreite ich das Thema Hospizbegleitung und die Hospizidee mit Begeisterung in meinem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis. Aber auch bei diversen Veranstaltungen mache ich es immer wieder zum Thema. Meine Patenschaft ist im Hinterkopf immer präsent. Ich habe zum Beispiel auch bei einigen Gemeinden vorgefühlt, mit Bürgermeistern gesprochen, und da hat es stets ein positives Echo gegeben. Ich bin noch nie mit einem Nein weggegangen, wenn es etwa um Räumlichkeiten und dergleichen gegangen ist. Da merke ich wirklich großes Interesse und Bereitschaft.
Für wie präsent bei den Menschen halten Sie die Themen Lebensende, Sterben, Tod generell?
Das ist jetzt wirklich nur meine eigene Wahrnehmung und Einschätzung – aber ich glaube das ist eine Altersfrage. Bei der Jugend ist das nicht wirklich ein Thema, sofern nicht in der Familie diesbezüglich etwas akut ist. Aber Ältere sind oft sogar dankbar, wenn man das Thema anspricht – weil es irgendwie doch immer mehr beschäftigt. Ich merke, dass gerne „darüber“ geredet wird; und dass das direkte, klare, nüchterne Ansprechen auch hilft, den Schrecken zu nehmen.
Bei Ihnen ist ja schon in sehr jungen Jahren der Tod zu einem großen Thema geworden – wie ist da Ihre Erinnerung daran?
Es war der Supergau – aber es ist, rückblickend, gut ausgegangen! Als ich 22 war, ich habe gerade studiert, ist mein Vater an einem Sekunden-Herztod verstorben. Er war 48. Zu Mittag haben wir noch gemeinsam gegessen, am Abend erreichte mich die Nachricht, dass er tot ist. Ich war die älteste von vier Kindern, meine kleine Schwester war gerade einmal fünf. Wir sind damals als Familie ganz stark zusammengewachsen. Das hat uns am meisten geholfen, die Situation zu überstehen und zu überwinden. Es war die größte Katastrophe in unserem Leben. Leider! Und Gott sei Dank – denn seither mussten wir Ähnliches zum Glück nicht erleben. Es geht uns allen gut. Das weiß ich zu schätzen und deshalb sehe ich auch Vieles relativiert. Mich werfen Kleinigkeiten nicht aus der Bahn und regen irgendwelche Fehler nicht auf. Es gibt doch für alles immer eine Lösung. Wenn jedoch jemand von einer Sekunde auf die andere nicht mehr da ist, gibt es keine Lösung mehr. Der Tod ist irreversibel.
Wie viel Platz bekommen Lebensende und Tod in Ihrem Leben?
Nicht sehr viel! Das sehe ich sehr unbelastet. Es ist nun einmal so, dass noch niemand das Leben überlebt hat – da dürfen wir uns nichts vormachen. Natürlich ist einem bewusst, dass ein Ende kommt. Wenn ich mir dazu ab und an Gedanken mache, dann halte ich mir etwa vor Augen, dass ich auch den Schmerz, der mit einem Verlust verbunden ist, aushalten werde müssen. Das ist Teil des Lebens.
Haben Sie Angst vor dem Tod?
Nein! Absolut nicht!
Wenn Sie es sich aussuchen könnten – wie sollte Ihr Ende sein?
Ich hätte gern den Klassiker: Am Abend schlafen gehen und nicht mehr aufwachen.
Wordrap
Niemals essen würde ich … nichts. Es gibt wirklich nichts, was ich nicht zumindest probieren würde.
Angst macht mir … der aktuelle Umgangston in der Gesellschaft – und die Hetze.
Herzhaft lachen kann ich … über mich selbst.
Mein letzter Urlaub war … im Salzkammergut – zum Radfahren.
Mein Lieblingssong heißt … „Fix you“ von Coldplay
Meine letzten Worte sollen sein … Es war schön, lasst es euch gut gehen.
Fotocredit: Land Steiermark/Robert Binder